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Tunneleröffnung in der Haltestelle Staatsgalerie

SSB nimmt neuen Stadtbahntunnel im Bereich Staatsgalerie in Betrieb ·
Abschluss der Folgemaßnahmen für die SSB aus Stuttgart 21 nach rund zehn Jahren ·
Anspruchsvolle unterirdische Bauten: neue Tunnel werden an vorhandene Tunnel angeschlossen
· OB Nopper: „Die drei Musketiere haben bestens zusammengearbeitet“  

Mit dem Beginn des Jahresfahrplans 2024 am 10. Dezember 2023 hat die SSB den Tunnelabschnitt Hauptbahnhof – Staatsgalerie für ihr Stadtbahnnetz wieder in Betrieb genommen. Es handelt sich um den Neubau einer Anlage, die zuvor bereits vorhanden war, jedoch mit anderem Verlauf und anderer Lage. Mit diesem Schritt sind nach über zehn Jahren Bauzeit die beiden Folgemaßnahmen abgeschlossen worden, die sich für die SSB aus dem Projekt Stuttgart 21 der Deutschen Bahn ergeben hatten: einmal die Neutrassierung des Stadtbahntunnels unter der Heilbronner Straße im Bereich zwischen Türlenstraße und Hauptbahnhof, zum anderen die Verlegung der unterirdischen Haltestelle Staatsgalerie und der zuführenden Tunnelröhren aus südlicher und westlicher Richtung.

Winfried Hermann, Verkehrsminister des Landes Baden-Württemberg, würdigt die Bedeutung dieser Teilprojekte: „Für Stuttgart 21 müssen die Fahrgäste lange Jahre viele Beeinträchtigungen in Kauf nehmen. Jetzt wird endlich eine große Lücke im Netz der SSB geschlossen. Die Anbindung des Hauptbahnhofs an den städtischen ÖPNV unserer Landeshauptstadt hat natürlich besondere Strahlkraft. Auch wenn wir auf Stuttgart 21 noch etwas warten müssen: Es ist Licht am Ende des Tunnels.“

Dr. Frank Nopper, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Stuttgart, freut sich über die Eröffnung von Tunnel und Haltestelle „weil das Stadtbahnnetz der SSB sozusagen in dessen Herzkammer verbessert und modernisiert wird. Es wird wird leistungsfähiger, schneller, pünktlicher und verlässlicher. Die drei Tunnel-Musketiere SSB, DB und Stadt – genauer gesagt die SSB als Bauherrin, die DB-Projektgesellschaft als Finanzier und das städtische Tiefbauamt gemeinsam mit der SSB als Projektleiter – haben in guter und gelebter Dreieinigkeit nicht nur hervorragend zusammengearbeitet, sondern auch den Tunnel fristgerecht fertiggestellt. Die Einweihung gibt auch Anlass zur Vorfreude, weil das neue Tunnel gewissermaßen eine Vorstufe für Stuttgart 21 ist, und damit auch für das neue Rosensteinquartier.“

Thomas Moser, Vorstandssprecher und Technischer Vorstand der SSB, resümiert: „370 Meter Stadtbahntunnel – zwischen Hauptbahnhof und Staatsgalerie - klingen nicht sehr bedeutend. Aber sie haben es in sich.“ Gemeinsam mit dem Umbau im Bereich Heilbronner Straße hätten die SSB und die Bauleute technisch gesehen „abenteuerliche Dinge getan. Wir haben Stadtbahntunnel unter Betrieb aufgesägt oder mehrspurige Straßen auf Behelfsbrücken über Baugruben gelenkt.“ Moser dankt den Baufirmen für ihr umsichtiges Arbeiten und natürlich den Fahrgästen für ihre Geduld während allen Phasen der Umstellung.

Umbau nach 40 Jahren

Die betreffenden Tunnelabschnitte waren ursprünglich bereits 1972 (Bereich Staatsgalerie) und 1977 (Bereich Heilbronner Straße) errichtet worden, im Zuge der damaligen Planung einer „U-Straßenbahn“. Den Grund für die nun über 40 Jahre später geschaffenen Um- und Neubauten innerhalb dieses vorhandenen Bestandes an Tunnelanlagen bildete der Bau des Tiefbahnhofs Stuttgart Hauptbahnhof der Deutschen Bahn im Zuge der Neubaustrecke Stuttgart – Ulm. Weil der Trog des Tiefbahnhofs den Talkessel in Ost-West-Richtung quert, kreuzt diese Achse zweimal das Stadtbahnnetz der SSB. Die eine Stelle liegt im Verlauf der Talquerlinien zwischen Hauptbahnhof und Heilbronner Straße beziehungsweise Europaviertel, das zweite Mal betrifft den Verlauf der Tallängslinien zwischen Charlottenplatz und der U-Haltestelle Hauptbahnhof einerseits und dem Bereich Neckartor andererseits.

Sowohl die neuen DB-Tunnel wie die bestehenden Tunnel der SSB verlaufen relativ knapp unter der Erdoberfläche, jene der DB aber etwas höher. Daher mussten die SSB-Anlagen im westlichen Überschneidungsbereich unter der Heilbronner Straße in bis zu 10-12 m Tiefe verlegt werden. Am östlichen Ende des neuen DB-Bahnhofs verhielt es sich umgekehrt, weil der Bahnhofstrog der DB gegen Osten geneigt ist und dort tiefer zu liegen kommt. Daher wurde dort für den Tunnelbereich der SSB eine höhere Lage geplant als bisher vorhanden.

Im SSB-Netz betraf der Umbau im Bereich Heilbronner Straße nicht nur den bestehenden zweigleisigen Tunnel. Gleichzeitig mit dem Umbau musste genau dort der Abzweigbereich der neuen, hier im Tunnel verlaufenden Streckenführung für die Linie U 12 durchs Europaviertel geschaffen werden. Dieser Abzweig besteht aus je einer Tunnelröhre pro Fahrtrichtung, weil das stadteinwärts führende Gleis der U 12 den Bestandstunnel kreuzungsfrei unterquert. Somit mussten in diesem Bereich insgesamt drei neue Tunnelabschnitte geschaffen werden.

Am östlichen Ende des Bahnhofstroges der DB waren in ähnlicher Weise ebenfalls drei Tunnelröhren der SSB betroffen, die jedoch alle schon bestanden, weil hier der Streckenast Haltestelle Staatsgalerie – U-Haltestelle Hauptbahnhof von der Achse Staatsgalerie – Charlottenplatz ebenfalls unterirdisch kreuzungsfrei abzweigt. Neben diesen drei Tunnelabschnitten war die komplette U-Haltestelle Staatsgalerie neu zu errichten, weil sie genau dort lag, wo die östliche Mündung des neuen Fildertunnels der DB auf den DB-Tiefbahnhof trifft.

 

Bau unter laufendem Betrieb – auf Schiene und Straße

Die Arbeiten an den beiden Folgemaßnahmen Heilbronner Straße/Europaviertel sowie Bereich Staatsgalerie, erstreckten sich in Etappen auf insgesamt rund 11 Jahre. Als sehr anspruchsvolle Besonderheiten sind daran zu nennen:

• das Aufsägen bestehender Tunnelwände, um den neuen Tunnelverlauf im flachen Winkel an die Bestandsröhre anzuschließen

• die in kurze Einzelsegmente aufgeteilte Bauweise der neuen Tunnelröhren im Abzweigbereich Heilbronner Straße/Europaviertel, wo das Tunnelbauwerk nicht am Stück vorgetrieben und im chronologischen Verlauf der Einzelgewerke fertiggestellt worden wäre – vielmehr mussten erste Segmente (unter der neuen Stadtbibliothek) im Rohbau komplett gefertigt werden, bevor davor und dahinter überhaupt das Baufeld für den Baubeginn freigewesen wäre.  Bei der Maßnahme Heilbronner Str./Europaviertel kam sowohl die bergmännische Bauweise zum Einsatz als auch die offene Bauweise.
Bei der Folgemaßnahme Staatsgalerie wurden alle Bauwerke in offener Bauweise hergestellt.

• der Bau grundsätzlich unter dem rollenden Rad, während des planmäßigen Stadtbahnbetriebs, der im Bereich Heilbronner Straße zweimal und nur jeweils während drei Tagen unterbrochen war

• der Bau unter dem weiterhin auf der Straßenoberfläche ohne Unterbrechung stattfindenden Straßenverkehr über zwei der wichtigsten Hauptausfallstraßen und Verkehrsknoten in der Stuttgarter City überhaupt (vierspurige Kreuzung Heilbronner Straße/Bahnhofsvorplatz sowie vierspurige Kreuzung B 14/B 27/Gebhard-Müller-Platz).

• die vorübergehende, aber mehrjährige Unterbrechung von jeweils einer der zentralen Hauptachsen im Stadtbahnnetz der SSB.

Letzteres betraf ab Mai 2016 („Netz 2016“) zunächst die Sperrung des Abschnittes Staatsgalerie – Charlottenplatz, damit dort die Tunnelbauten und der Bau der Verzweigungsbereich zwischen alten und neuen Röhren erfolgen konnten, ebenso der Neubau der SSB-Haltestelle Staatsgalerie. Ab Dezember 2017 („Netz 2018“) gestaltete sich die Netzkonzeption genau umgekehrt, indem nun auf den Tallängslinien der Abschnitt Staatsgalerie – Charlottenplatz wieder in Betrieb ging, zunächst durch die alten Tunnelröhren. Dafür wurde nun der Betrieb der Stadtbahn zwischen Staatsgalerie und Hauptbahnhof komplett eingestellt. Die U-Haltestelle Hauptbahnhof verwandelte sich für diese Zeit, was den Betrieb der Gleise 1 und 2 (Tallängslinien) anging, in einen „Sackbahnhof“.

In dieser Phase entstanden nicht nur die neuen Tunnelröhren in diesem Bereich, sondern  auch der neue Düker für den Nesenbachkanal, da auch dessen bisherige Höhenlage dem neuen Verlauf der Tunnel im Wege war. In diesem Bereich konnten die alten Tunnelabschnitte der SSB auch gleich komplett entfernt werden, während dies entlang der Tallängsachse erst nach Inbetriebnahme der neuen Streckenführung möglich war.

Weil die Verzweigung der neuen Tunnel östlich der U-Haltestelle Hauptbahnhof aber früher beginnt als bisher, konnte ein gut 80 Meter langer Abschnitt des bisherigen Tunnels, der zwischen den beiden neuen Abzweigröhren liegt, beibehalten werden. Da dieser Appendix planmäßig nicht mehr gebraucht wird und an seinem östlichen Ende stumpf endet, wurde er nun in eine willkommene eingleisige Wendeanlage umgewandelt. Diese Kehranlage wird für Zusatz- und Sonderzüge nützlich sein, die dann am Hauptbahnhof einsetzen können, um über die Innenstadtschleife entgegen dem Uhrzeigersinn auf Fahrt gehen können.

Zwischenetappen auf dem Wege zur Nutzung der neuen Bauwerke waren:
• Ende 2016 sowie Frühjahr 2017 Inbetriebnahme der neuen Röhren und Abzweigbereiche unter der Heilbronner Straße 
• Dezember 2017: Eröffnung der neuen Linie U 12 durchs Europaviertel, ab dann Nutzung auch der abzweigenden neuen Tunnelröhren
• Herbst 2020: Inbetriebnahme neue Haltestelle Staatsgalerie (zunächst Gleise 1 und 2) und zuführende Tunnelabschnitte der Tallängslinien

Jetzt, seit 10. Dezember 2023, sind auch die neuen Tunnelröhren für die Talquerlinien in Betrieb, die an der Staatsgalerie gegen den Hauptbahnhof abzweigen. Gleichzeitig wird seitdem auch Gleis 3 der Haltestelle Staatsgalerie befahren. 

Kompliziert und räumlich gedrängt

Zumindest in der Summe solcher schwieriger Rahmenbedingungen dürfte es zwei solch komplizierte Baustellen im Tiefbaubereich noch kaum sonst irgendwo gegeben haben. Beide lagen fast im Sichtabstand und wurden über mehr als drei Jahre lang auch zeitlich parallel betrieben. Hinzu kommt die mehr als beengte Lage mitten in der City von Stuttgart, wo zur Baustelleneinrichtung und für Lkw-Zufahrtsrampen in die Tiefe so gut wie kein Platz verfügbar ist. In beiden Fällen grenzten die Bauflächen der SSB direkt an jene der Deutschen Bahn für den Tiefbahnhof an, ohne dass es zu gegenseitigen Beeinträchtigungen kommen durfte. Außerdem mussten die sehr stark frequentierten Fußgänger- und Radwegebeziehungen im Bereich beider Verkehrsknoten ohne Einschränkung bei der Kapazität ständig weiterhin gewahrt bleiben, ebenso die Zugänge zu den Haltestellen Staatsgalerie und Stadtbibliothek der SSB, der Zugang zum Planetarium und die Radwegehauptachse zum unteren Schlossgarten. Der Fußgängersteg am Gebhard-Müller-Platz (Wullesteg) war demzufolge durch eine Hilfskonstruktion zu unterfangen, da er weder gesperrt noch entfernt werden durfte.

Die Tunnelabzweige im Bereich Heilbronner Straße/Europaviertel verlaufen zum Teil direkt im „Keller“ der neuen Stadtbibliothek. Daher wurden bei Konstruktion und Bau besonders aufwändige und wirksame Maßnahmen zum Erschütterungsschutz (Minderung Körperschall) getroffen: ein doppeltes Masse-Feder-System. Nicht nur der Gleistrog, der in der Tunnelröhre verlegt ist, auch die Tunnelröhrensegmente selber ruhen auf Elastomere-Lagern.

Gelb statt rot
Bernd Schröder, Projektleiter für die Stadtbahnbauwerke beim Tiefbauamt der Landeshauptstadt Stuttgart, vergleicht die Anforderungen an die Arbeiten unter der Heilbronner Straße mit einer Operation am Kreislaufsystem des Menschen: „Der Stadtbahnknoten am Hauptbahnhof wäre das Herz, der zweigleisige Stadtbahntunnel die Hauptschlagader. Statt roter Blutkörperchen fahren hier jedoch gelbe Stadtbahnzüge im Zweiminutentakt hin und her.“ Und dennoch verliefen die Bauarbeiten im Zeitplan und ohne besondere Zwischenfälle.

Die neue Haltestelle Staatsgalerie wurde fast direkt neben der bisherigen Haltestellenanlage parallel zu dieser erstellt, jedoch nicht nur einige Meter weiter westlich, sondern um etwa drei Meter höher. Auf diese Art kommt dem Haltestellenbauwerk das natürliche Gefälle des Talkessels in diesem Bereich zugute: Während die östliche Wand in den Hang gebaut ist, über dem die B 14 (Konrad-Adenauer-Straße) verläuft, öffnet sich das Bauwerk gegen Westen und den Talgrund ins Freie. Dort grenzt direkt das Planetarium an. Somit ist aus einer unterirdischen Anlage nun eine lichtdurchflutete Haltestelle geworden. Weil sich westlich nur wenig entfernt davon der Trog des Tiefbahnhofs der DB anschließt, wird dorthin nach dessen Fertigstellung eine kurze Fußwegverbindung zum Südzugang der DB-Bahnsteige möglich sein. Damit entsteht erstmals eine fußläufige Umsteigerelation zwischen dem Eisenbahnknoten Stuttgart und den Tallängslinien der SSB, ein Vorteil für die Fahrgäste.

Das neue Haltestellenbauwerk Staatsgalerie wurde von Christoph Ingenhoven geplant, dem Architekt, der auch den Tiefbahnhof der DB entworfen hat. Stilistisch passt sich daher das Bauwerk der SSB vom Erscheinungsbild an jenes der DB-Anlage an. Elegante, geschwungene Formen der Tunnelmündungen und der Überkragung entlang der B 14 zeichnen die Formensprache der Haltestelle aus, wie die Verwendung von Weißbeton und eine besonders sorgfältig gearbeitete Oberfläche des Betons für Gediegenheit sorgen. In dieser Ausführung korrespondiert das SSB-Bauwerk mit seinem größeren Gegenstück in Form des Tiefbahnhofs der DB, entwickelt aber eine eigenständige ästhetische Aussage.  

Planung und Bauleitung der neuen und geänderten Tunnelanlagen und Haltestellenbereiche der SSB erfolgten gemeinsam durch das Tiefbauamt der Landeshauptstadt Stuttgart, Abteilung Stadtbahn, Brücken und Tunnelbau, sowie dem Fachbereich Projekte im Unternehmensbereich Technische Infrastruktur der SSB, in ständiger Abstimmung mit der Projektgesellschaft Neubaustrecke Stuttgart-Ulm (PSU) der Deutschen Bahn AG. 

 

  • Broschüre der SSB über den Umbau der Tunnelanlagen:

Zusendung per Post gegen Einsendung von 1,60 Euro in Briefmarken an:
SSB-Pressestelle (VK) · Postfach 80 10 06 · 70510 Stuttgart
Versand auch als Datei möglich, Anfrage an presse@ssg-ag.de

  • Film der SSB über den Umbau im Bereich der Haltestelle Staatsgalerie (in Youtube):

Schlagwortsuche „Bauarbeiten an der Haltestelle Staatsgalerie – Die Dokumentation“  

Bildzeile: Sie eröffneten den neuen Tunnel der SSB: Michael Pradel, Technischer Geschäftsführer der Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm der Deutschen Bahn AG; Winfried Hermann, Verkehrsminister des Landes Baden-Württemberg; Thomas Moser, Vorstandssprecher und Technischer Vorstand der Stuttgarter Straßenbahnen AG; und Dr. Frank Nopper, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Stuttgart. Foto SSB AG